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Ihr Lammfleisch vom Höfli.

vom Spiegelschaf - biologisch - feed no food - meist schneller als der Wolf



Herdenschutz - der Versuch, damit Ihnen niemand was wegisst.


Seit 2014 halten wir Herdenschutzhunde. Erst zwei, heute sind es deren sechs. Mit ihnen versuchen wir unsere Schafe vor Grossraubtieren, insbesondere vor den Wölfen zu schützen.
Im Sommer 2018 sind rund um den Piz Beverin stationäre Wölfe gesichtet worden. Im 2019 bestätigte sich die Rudelbildung und Nachwuchs. Das Beverinrudel begleitet uns seither täglich und prägt unser Leben und unser Arbeiten stark. Das Beverinrudel wird als Problemrudel bezeichnet, da es für unzählige Nutztierrisse beim Klein- und Grossvieh verantwortlich ist, die getroffenen Herdenschutzmassnahmen zu umgehen weiss und auch die Scheu vor Mensch und Siedlungen vermissen lässt. So hatten auch wir im Sommer 2022 auf der Alp erste bestätigte Wolfsrisse zu verzeichnen.

Jährlich konnten einige Jungtiere abgeschossen werden, im Herbst 2022 nun auch der besonders auffällige Leitrüde M92. Es wird sich zeigen, was dieser Abschuss genau bewirken wird. Wir sind nicht besonders optimistisch, dass sich der Wolfsdruck dadurch wesentlich verringern wird. Wenn wir etwas aus den Jahren mit Wolfspräsenz gelernt haben, ist es, dass niemand verlässlich das Verhalten der Wölfe voraussagen kann, insbesondere nicht die sogenannten Wolfsexperten. Zumindest aber ist dieser Abschuss ein wichtiges Zeichen, dass die Problematik in Politik und Verwaltung erkannt wird und innerhalb der gesetzlichen Möglichkeiten gehandelt wird. Ebenso werden uns Direktbetroffenen damit wieder bessere Perspektiven vermittelt. Als ebensolches Zeichen ist die geplante Revision des Jagdgesetzes anzusehen, welche die Begrenzung der Wolfspopulation jagdlich ermöglichen soll.

Nichts desto trotz wird sich mit ziemlicher Sicherheit die Situation für uns Schafhalter nicht wesentlich vereinfachen. Herdenschutz, mit welchen Massnahmen auch immer, bleibt für die Tierhalter, Hirtinnen und Alpverantwortlichen auch in Zukunft eine Herkulesaufgabe.

Wir haben uns kurz vor Weihnachten 2022 entschieden, aus dem Alpteam der Schafalp Scalutta/Bruschg auszusteigen und unsere Schafe nicht mehr zu alpen. Wir kamen mit dem mentalen Druck und der Verantwortung für die "fremden" Tiere nicht mehr zurecht, im Wissen, dass es im Moment kaum eine wirtschaftlich und (tier-)ethisch sinnvolle Möglichkeit gibt, die Schafe auf der Alp vor den Wölfen zu schützen. Der Bauch hat letztlich entschieden, nicht die Vernunft. Die Alp geht aber weiter, die andern vom Alpteam und neu geplant mit einem Hirten machen und kämpfen weiter.

Mit diesem Entscheid sind Anpassungen auf dem Heimbetrieb nötig. Insbesondere reduzieren wir den Schafbestand, da wir einen Teil des bisherigen Winterfutters nun im Sommer für den Weidegang benötigen. Dafür ändern wir unsere Ablammzyklen, sodass wir in etwa gleich viele Lämmer wie bisher aufziehen und auch ganzjährig vermarkten können. Mit dieser Strategie hoffen wir, den Herdenschutz zu vereinfachen und zu optimieren. Konkret erhoffen wir uns, dass der Herdenschutz in relativ kleinen und gut eingezäunten Weiden in Stallnähe und einer reduzierten Anzahl Herdenschutzhunden a) funktionieren wird, b) finanziell und aufwandmässig erträglicher ist und c) wir im Notfall einfach und schnell reagieren können.

Der Einsatz von Herdenschutzhunden polarisiert fast genauso stark wie der Wolf selbst. Für uns ist aber klar, wenn die Gesellschaft den Wolf will, so muss sie auch mit dem Einsatz von Schutzhunden leben. Die gesellschaftliche Belastung durch die Herdenschutzhunde ist gross. Insbesondere in Weidegebieten und Winterhaltungen in und um Siedlungen, bei Wanderern und anderen Outdoorfreizeitsportlerinnen sind die Herdenschutzhunde de fakto kaum akzeptiert.
Die Wirksamkeit der Herdenschutzhunde im Kampf gegen die Wölfe wird auch immer wieder kontrovers diskutiert. Für uns steht ausser Frage, dass die Hunde Schutz bieten und uns mental stark entlasten. Bedingung ist aber, dass wir sie in ihrer Arbeit so gut als möglich unterstützen, insbesondere mit Zäunen und kleinen Koppeln, damit die Schafherde kompakt und schützbar bleibt. Garantie, dass keine Schafe gerissen werden, geben aber die Hunde nicht. Damit müssen wir lernen umzugehen und dies als Teil unseres Berufes zu akzeptieren.
Wir rühmen uns, die Schafe nur mit betriebseigenem Gras und Heu zu füttern. Dafür aber müssen wir das Futter für die Hunde kaufen. Stellen wir das zugekaufte Hundefutter in Relation zum produzierten Fleisch, so zeigt sich eine doch etwas schizophrene Situation. Pro Kilogramm produziertes essbares Lammfleisch (ohne Knochen) müssen wir in etwa 1 kg Trockenfutter für unsere Schutzhunde zukaufen. Eigentlich ein ökologischer Irrsinn...
Ökonomisch sieht es nicht viel besser aus. Die Haltung und Zucht der Schutzhunde wird zwar staatlich unterstützt. Unter dem Strich bleibt aber viel unbezahlter Aufwand, insbesondere Arbeitsaufwand.

In der Summe ist der Einsatz von Herdenschutzhunden alles andere als nachhaltig. Keine der drei Dimensionen der Nachhaltigkeit profitiert davon. Und trotzdem: ohne die Schutzhunde wäre für uns die Schafhaltung kaum mehr eine Option. Sie geben uns im Moment noch die Gewissheit, dass wir unserer Passion, aus Grünland exklusives und gefragtes Bio-Lammfleisch zu produzieren und zu vermarkten, weiter nachleben können. Geniessen Sie also noch Schweizer Lammfleisch, solange es noch Schafe gibt in diesem Land.

Situationsbericht Januar 2023